Ein Blick auf das diesjährige Teilnehmerfeld der Baden-Württemberg-Oberliga zeigt: Im Vergleich zur vergangenen Saison hat sich vieles getan. Ungewöhnlich ist vor allem: Gleich fünf Mannschaften aus der dritten Liga nimmt das badisch-schwäbische Handball-Oberhaus auf. Der Grund: Nach zwei Saisons ohne Absteiger aufgrund der Corona-Pandemie gab es nun zur Wiederherstellung der nominellen Mannschaftsstärken der Drittliga-Staffeln einen Mehrabstieg. Neben den fünf Absteigern kommen auch vier Aufsteiger aus der Baden-, der Südbaden- und der Württembergliga hinzu.
Die Absteiger
Für eine Neuenbürgerin oder einen Neuenbürger sticht unter den Absteigern besonders ein Name hervor, und zwar der des Lokalrivalen TGS Pforzheim. Die vergangene Saison der Pforzheimer war geprägt von langen Verletzungspausen von wichtigen Stammkräften. In der Abstiegsrunde blieb man letztlich chancenlos, in acht Spielen musste man sieben Niederlagen -- wenn auch teils knapp -- hinnehmen. Mit dem Abstieg endet bei der TGS auch eine Ära. Zum einen beendete TGS-Urgestein Florian Taafel seine Spielerkarriere im Sommer. Der Rückraumlinke, der lange Zeit als der beste Drittliga-Spieler auf dieser Position galt, beendete im Sommer seine Karriere. Vom Spielfeld verlagert sich sein Fokus auf die Bank: Er wird Tobias Müller in der Position des Cheftrainers nachfolgen. Zum anderen haben den Verein mit Kreisläufer Michal Wysokinski, Rechtsaußen Marco Kikillus und den Torhütern Jonathan Binder und Sebastian Ullrich Erfolgsgaranten der letzten Jahre verlassen. Weiterhin aktiv bei der TGS ist der Ex-Neuenbürger Raphael Blum. Damit kommt es bei den beiden Derby-Spielen auch zu einem Duell mit Bruder Niklas, der weiterhin im Oberliga-Kader der Foxes steht. Das erste Aufeinandertreffen beider Mannschaften findet am 11. November, einem Freitagabend, in Pforzheim statt. Das Rückspiel in der Stadthalle steigt dann am 25. März 2023.
Ein weiterer langjähriger Drittligist, der den bitteren Weg zurück in die Baden-Württemberg-Oberliga antreten musste, ist der TV Germania Großsachsen. Der langjährige Trainer Stefan Pohl, der die Mannschaft auch nach dem Abstieg weiter betreuen wird, schaffte es in den vergangenen Jahren, die Hirschberger zu einem etablierten Drittligisten weiterzuentwickeln. Zwar musste man oft bis in die Schlussphase der Saison um den Klassenerhalt kämpfen, diesen Kampf konnte man aber stets erfolgreich bestreiten. Auch dem Mehrabstieg in der vergangenen Saison dürfte es geschuldet sein, dass man die Runde als Absteiger beenden musste. Trotz namhafter Abgänge wie Ex-Zweitliga-Torhüter Moritz Mangold oder Mika Schüler, einem äußerst talentierten Mittelmann, ist mit den "Saasemern" auch diese Saison zu rechnen, Mit Spielern wie dem Ex-Luwigshafener Leon Hoblaj oder Rückkehrer Simon Spilger vom TSV Birkenau hat man sich an der Bergstraße gut verstärkt.
Von den zwei zuvor genannten Absteigern unterscheiden sich der TV Plochingen, der TSV Blaustein und die TSG Söflingen dadurch, dass ihnen der Aufstieg in die dritte Liga innerhalb der vergangenen drei Jahre gelang. Richtig genießen konnten die drei Württemberger Vereine ihre Zeit in der dritthöchsten deutschen Spielklassse nur bedingt. Denn dieser Zeitraum war geprägt von der Corona-Pandemie, Saisonabbrüchen und Einschränkungen für Spieler und Zuschauer. Besonders bitter dürfte der Abstieg für Plochingen gewesen sein. Die Abstiegsrunde beendete man punktgleich mit den beiden Tabellenführern TV Willstätt und TV Kirchzell. Nur durch den verlorenen direkten Dreiervergleich wurde man in der Abstiegsrunde auf den dritten Platz verwiesen und stieg dadurch ab.
Die Aufsteiger
Von den vier Aufsteigern dürften die Foxes den TV Knielingen am besten kennen. Dem Team aus dem Karlsruher Westen ist man zu Badenliga-Zeiten in zahlreichen Duellen begegnet. Außerdem wird das Team von einem ehemaligen Neuenbürger Spieler trainiert: Jochen Werling ging von 2016 bis 2018 im gelb-blauen Dress auf Torejagd. Seit 2018 ist er zurück an seiner alten Wirkungsstätte, an der er auch unmittelbar vor seinen beiden Jahren im Nordschwarzwald aktiv war. Verstärkt hat sich Knielingen vor allem mit jungen Talenten aus dem Karlsruher Raum. Zurück ist Knielingens Dauerbrenner Benjamin Borrmann, der 2021 seine Karriere eigentlich beendet hatte, aufgrund von Verletzungssorgen bei den Knielingern letzte Saison aber reaktiviert wurde. Zusätzlich Brisanz in das Duell mit Knielingen bringt der Umstand, dass mit Robin Hörsting und Philipp Schollmeyer zwei Spieler aus der letztjährigen Aufstiegsmannschaft im Sommer den Weg nach Neuenbürg fanden. Am 1. Oktober kommt es in der Stadthalle zum ersten Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften in der Oberliga. Das Rückspiel in Knielingen wird am 10. Februar 2023 ausgetragen.
Gänzlich unbekannt sind den Neuenbürgern die anderen drei Aufsteiger TuS Altenheim (Südbadenliga), TSV Wolfschlugen und VfL Waiblingen (beide Württembergliga). Da diese drei Mannschaften dem südbadischen Handballverband beziehungsweise dem Handballverband Württemberg angehören und die Neuenbürger erst seit 2019 in der Baden-Württemberg-Oberliga aktiv sind, bestritt man gegen dieses Trio noch kein einziges Ligaspiel. Bei Wolfschlugen, das in der Nähe von Nürtingen liegt, könnte Handballinteressierten in der Pforzheimer Region zumindest der Name Riccardo Petruzzi bekannt sein. Der Torhüter spielte lange Jahre bei der SG Pforzheim/Eutingen, bei der er auch ausgebildet wurde, und gehört nun seit einigen Jahren dem Kader der "Hexabanner" an.
In der Handballabteilung des VfL Waiblingen ist das sportliche Aushängeschild die Frauenmannschaft, die in der ersten Handball-Bundesliga der Frauen antritt. Aber auch die Männer sind sportlich erfolgreich: Nach über zehn Jahren gelang mit dem Aufstieg die Rückkehr in die Baden-Württemberg-Oberliga. Hier darf man sich auf ein Derby mit Stadtrivale TV Bittenfeld freuen. Ebenfalls nach einigen Jahren Abstinenz zurück in der Oberliga ist der TuS Altenheim. Der Neuling ersetzt gewissermaßen den nur wenige Kilometer entfernt spielenden TuS Schutterwald, der im Sommer den Gang zurück in die Südbadenliga antreten musste.
Die Verbliebenen
Neben den Auf- und Absteigern werden die Foxes natürlich wieder vielen altbekannten Mannschaften begegnen, mit denen man sich schon im letzten Jahr teils hitzige Duelle lieferte. Zuvorderst sind hier die SG H2Ku Herrenberg, der TSB Schwäbisch Gmünd und der TSV Weinsberg zu nennen. Herrenberg war hinter den beiden Aufsteigern das beste Team mit 41:19 Punkten. Dahinter folgten die Foxes mit 37:23 Punkte, dicht gefolgt von Schwäbisch Gmünd und Weinsberg mit nur einem Pluspunkt weniger. Nimmt man die letzte Saison als Maßstab, befinden sich alle drei Mannschaften ungefähr auf Augenhöhe. Dass keine Saison der anderen gleicht, dürfte aber jeder Handballfan nur zu gut wissen.
Bei Herrenberg und Neuenbürg waltet Kontinuität, die Kader wurden jeweils gezielt verstärkt, die Trainer der vergangenen Saison sitzen auch dieses Jahr auf der Bank. Bei Weinsberg und Schwäbisch Gmünd kam es auf der Kommandobrücke hingegen zu Personalwechseln. Nach dem Abgang von Trainer Dragos Oprea von der TSB Schwäbisch Gmünd zum TSB Horkheim wurde als Nachfolger Michael Stettner verpflichtet. Der war in der vergangenen Saison in Weinsberg aktiv. Der TSV wird mit Oliver Heß als Trainer in die Saison gehen. Der war als Spieler schon beim HC Erlangen und den Eulen Ludwigshafen schon höherklassig im Einsatz. Für den großen Linkshänder ist es eine Rückkehr zu den Wurzeln.
Direkt dahinter in der Abschlusstabelle der vergangenen Saison rangierten die beiden zweiten Mannschaften des TVB Stuttgart -- in der BWOL tritt man unter dem alten Namen TV Bittenfeld an -- und der HSG Konstanz. Besonders an die Konstanzer haben die Neuenbürger schlechte Erinnerungen: Im Hinspiel führte man lange Zeit, gab die Partie aber in der Schlussminute aus den Händen und verlor noch mit 30:31. Im Rückspiel in Konstanz zeigten die Foxes ihre schlechteste Saisonleistung und verloren verdientermaßen hoch mit 26:38. Die Motivation, dieses Jahr in den beiden Vergleichen mit der Bodensee-Truppe bessere Endresultate zu erzielen, wird groß sein bei den Neuenbürgern. Rechnen muss man mit den Konstanzern auf jeden Fall auch im Rennen um die Plätze im oberen Tabellendrittel. Mit vielen Spielern aus der eigenen A-Jugend-Bundesliga-Mannschaft, die technisch und taktisch hervorragend ausgebildet sind, besitzt Konstanz eine hervorragende Basis. In den letzten spielte man immer um die vorderen Ränge mit. Vor einigen Jahren gelang sogar der Drittliga-Aufstieg. Aufgrund des Abstiegs der ersten Mannschaft in die dritte Liga konnte man dort aber nur ein Jahr verweilen. Sportlich hätte man den Klassenerhalt geschafft.
Die Erinnerungen an den TV Bittenfeld sind da erfreulicher: Im Hinspiel in Bittenfeld traf Kaspar Veigel per direktem Freiwurf nach abgelaufener Spielzeit zum Ausgleich. Auch in Bittenfeld liegt die Priorität darauf, junge Spieler aus der eigenen A-Jugend, die in der Jugend-Bundesliga antritt, erste Erfahrungen im Herrenbereich zu verleihen. Auch ein Ex-Pforzheimer findet sich im Kader der Bittenfelder: Der erfahrene Daniel Sdunek hütete einige Jahre das Tor der TGS Pforzheim in der dritten Liga.
Das 18er-Feld voll machen der TSV Heiningen, der TV Weilstetten und der TuS Steißlingen. Diese drei Vereine mussten in der Endphase der Saison noch zittern, konnten aber schlussendlich die Klasse halten. Heiningen liegt in der Nähe der Handball-Hochburg Göppingen. Im Hinspiel luchsten die Heininger den Foxes einen Punkt ab. Der Sieg im Rückspiel war trotz eines Fünf-Tore-Vorsprungs am Ende ein hartes Stück Arbeit für die Neuenbürger. Weilstetten arbeitet in der Jugend mit Zweitligist HBW Balingen-Weilstetten zusammen. Die A-Jugend-Mannschaft ist seit Jahren Stammgast in der A-Jugend-Bundesliga. Gegen Weilstetten konnten die Foxes sogar nur einen einzigen Punkt aus beiden Vergleichen ergattern. Besser war hier die Bilanz gegen den TuS Steißlingen. In den beiden Spielen gegen das Team aus dem Hegau konnten die Neuenbürger die volle Ausbeute von vier Punkten erzielen.
Ein abschließender Überblick
Ein abwechslungsreiches Teilnehmerfeld mit Vereinen, die über ganz Baden-Württemberg verteilt sind, zeichnet die Baden-Württemberg-Oberliga dieses Jahr aus. Neuenbürgs Handballfans dürfen sich über eine spannende Runde mit 17 Heimspielen und vielen attraktiven Gegnern freuen. Die Derby-Spiele gegen die TGS Pforzheim und den TV Knielingen stechen hierbei heraus. In die Saison starten die Foxes am 10. September mit dem Auswärtsspiel beim TV Weilstetten. Eine Woche später, am 17. September, bestreitet man dann das erste Heimspiel gegen den VfL Waiblingen.
Zum Abschluss noch einmal die BWOL-Mannschaften in der kommenden Saison zusammengefasst:
Drittliga-Absteiger: TSV 1899 Blaustein, TV Germania Großsachsen, TGS Pforzheim, TV Plochingen, TSG Söflingen
Verbliebene: TV Bittenfeld 1898, TSV Heiningen 1892, SG H2Ku Herrenberg, HSG Konstanz 2, HC Neuenbürg 2000, TSB Schwäbisch Gmünd, TuS Steißlingen, TV Weilstetten, TSV 1866 Weinsberg
Aufsteiger: TuS Altenheim (Südbadenliga), TV Knielingen (Badenliga), VfL Waiblingen, TSV Wolfschlugen (beide Württembergliga)
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